Während die umliegenden Bauernschaften meistens eine mehr als 1000-jährige Geschichte haben, beginnt die
Entstehung Schneiderkrugs erst 1885. Seine Fläche (überweigend Heide mit leichter Bewaldung) gehörte zu Husum
und war weitgehend unbewohnt. Das Gebiet wurde nord-/ südlich durchzogen von der Straße Ahlhorn - Vechta.
Diese war um 1836 als sog. Chaussee ausgebaut, d. h. mit Kopfsteinen gepflastert worden und war Bestandteil der
von Oldenburg nach Vechta gehenden sog. Poststraße. Diese Poststraße (später auch Staats-Chaussee genannt)
wurde notwendig, nachdem die Ämter Cloppenburg und Vechta 1803 von Münster abgetrennt und dem Herzogtum
Oldenburg zugeschlagen worden waren. Daneben gab es in west-/ östlicher Richtung den uralten sog. Reuterweg, der
von Drantum/Husum kommend die Chaussee Oldenburg-Vechta kreuzte und in Richtung Hagstedt weiterging.
An dieser Kreuzung hat sich -so wird erzählt- 1723 ein Schneider Namens Wördemann niedergelassen und in seinem
Haus eine Gaststätte betrieben. Diese Gaststätte wurde von der Bevölkerung Schneiderkrug genannt. Tatsächlich ist
in einer Flurkarte aus dem Jahre 1838 für diese Region die Flurbezeichnung „Schneiderkrug“ verwendet worden.
Daneben gab es den nicht ausgebauten Weg Emstek-Visbek, der über Bühren an Poggenschlatt vorbei in Richtung
Hagstedt ging und die Staats-Chaussee in Höhe der jetzigen großen Kreuzung querte.
Nachdem die „Großherzoglich-Oldenburgische-Eisenbahn“ (kurz: G.O.E) in 1876 die sog. Südbahn Oldenburg-
Ahlhorn-Cloppenburg-Bramsche-Osnabrück gebaut hatte, wurde von Vechta und Lohne sehr stark ein Abzweig nach
dort gefordert. Nach heftiger Diskussion um die Linienführung entschied der Großherzog im Dezember 1884, dass
die Strecke entlang der bestehenden Staats-Chaussee von Ahlhorn nach Vechta gebaut wird und dass für die nicht
berücksichtigten Orte Emstek und Visbek auf der Hälfte der Strecke eine Haltestelle mit der Bezeichnung „Station
Schneiderkrug“ eingerichtet werde. Die Bahn Ahlhorn-Vechta wurde am 01.10.1885 eröffnet. Entgegen allen
Erwartungen wurde die Haltestelle aber nicht an dem sog. Schneiderkrug errichtet, sondern an der heutigen
Kreuzung.
Diese Haltestelle Schneiderkrug entwickelte sich ungewöhnlich gut, weil sie Anlaufstelle für alle Bauernschaften
zwischen Emstek und Visbek war. Zeitgleich setzte eine rege Bautätigkeit in Schneiderkrug ein. Viele Firmen, die vor
allem von der Landwirtschaft geprägt waren, siedelten sich hier an. Es gab eine Maschinenfabrik, eine Molkerei, eine
Schlachterei, eine Obstsüßmosterei, Gärtnereien, Landhändler, Viehhändler, eine Kohlenhandlung,
Kolonialwarenhändler, eine Bankfiliale, eine Konservenfabrik, eine Autowerkstatt und mehrere Gaststätten. Auch eine
eigene Stromerzeugung gab es in Schneiderkrug. 1886 wurde in Schneiderkrug eine Postfiliale eingerichtet.
Im Laufe der Zeit nahm die Bedeutung des Eisenbahnverkehrs ab. Damit einhergehend und durch den Strukturwandel
bedingt wurden viele Betriebe wieder aufgegeben. Aber auch noch heute sind einige der größten Firmen der
Gemeinde Emstek in Schneiderkrug beheimatet.